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Urlaubsansprüche verfallen nicht automatisch

Anfang letzter Woche urteilte das BAG über den Verfall von Urlaubsansprüchen. Die im November 2018 vom EuGH vertretene Rechtsprechung, der Urlaub könne nicht bloß wegen eines fehlenden Urlaubsantrages an den Arbeitgeber verfallen, wurde vom BAG übernommen. Der Verfall sei lediglich dann zulässig, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über die konkreten restlichen Urlaubstage informiert und darüber belehrt, dass sie zum Jahresende verfallen.

  •  BAG, Ur­teil vom 19.02.2019, 9 AZR 541/15 (Shi­mi­zu) – Pres­se­mel­dung

Der Arbeitgeber muss nach Ansicht des EuGH auf fehlende Urlaubstage verweisen

Der Europäische Gerichtshof entschied Ende letzten Jahres, dass der Urlaubsanspruch nicht allein wegen eines fehlenden Antrages verfallen dürfe. Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG ist der Urlaub im laufenden Kalenderjahr zu nehmen und zu gewähren.

Die bisherige Rechtsprechung entnahm dem Wortlaut der Norm, dass nicht genommener und gewährter Urlaub uneingeschränkt verfällt. Dies gelte auch dann, wenn der Arbeitnehmer zwar seinen Arbeitgeber rechtzeitig zur Gewährung von Erholungszeit aufgefordert, jedoch nicht die Erlaubnis erhalten habe. Anderer Ansicht war der EuGH, wie es am 6.11.2018 mitteilte.

Die Mit­glieds­staa­ten der Eu­ro­päi­schen Uni­on seien zur Sicherstellung, dass jedem Ar­beit­neh­mer ei­n be­zahl­ter Ur­laub von min­des­tens vier Wo­chen pro Jahr zustehe, verpflichtet.

Der Arbeitgeber müsse den Arbeitnehmer über seine noch nicht in Anspruch genommene Erholungszeit konkret aufklären.

Das Shimizu-Urteil : BAG übernimmt die Rechtsprechung des EuGH

Das BAG urteilte am 19.02.19, dass es der Auffassung des EuGH fortan folge. Der Arbeitgeber müsse künftig jeden Arbeitnehmer „konkret und rechtzeitig“ über die zum Jahresende nicht in Anspruch genommenen Urlaubstage informieren. Es liege in seiner Verantwortung, die ausstehenden Erholungstage des Arbeitgebers zu vermerken und ihn zum Urlaub aufzufordern. Die Frage, in welcher Form die Aufklärung ablaufen müsse und wann es rechtzeitig sei, ließ das Gericht zunächst offen. Dennoch müsse der Arbeitgeber, falls es sich auf den Verfall der Urlaubsansprüche berufen möchte, die Einhaltung der BAG-Anforderungen nachweisen können.

Die der Grundsatzentscheidung zugrundeliegende Streitfall

Der Kläger, Herr Shimizu, war bis zum Ende des Jahres 2013 Angestellter der Max-Planck-Gesellschaft München gewesen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses standen ihm 51 Tage Urlaub zu, die er während seiner Zeit als Angestellter nicht in Anspruch nahm. Herr Shi­mi­zu verklagte seinen Arbeitgeber auf Urlaubsabgeltung in Hö­he von 11.979,26 EUR. Nach Angaben der Max-Planck-Gesellschaft hatte sie den Wissenschaftler jedoch in einer E-Mail, zwei Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, auf seine Urlaubsansprüche hingewiesen. Der Forscher dagegen bestreitet, frühzeitig per Mail informiert worden zu sein.

Anwaltliche Empfehlung:

Für Arbeitnehmer: Auf Grundlage dieses Urteils sollten Resturlaubstage aus den vergangenen Jahren überprüft werden, da diese unter Umständen nicht verfallen sind, wenn der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht nicht oder nicht zu genüge nachgekommen ist.

Für Arbeitgeber: Ein allgemeiner Hinweis in Arbeitsverträgen auf den Verfall des Resturlaubs am Jahresende dürfte nach dieser Rechtsprechung nicht mehr ausreichen. Arbeitgeber sind künftige daher dazu angehalten, jeden einzelnen Mitarbeiter auf den etwaigen offenen Resturlaubsanspruch und die Folgen der mangelnden Beantragung aufmerksam zu machen.