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Coronakrise: Wissenswertes für Arbeitnehmer

Während der Coronakrise stellt sich für viele Arbeitnehmer die Frage, welche Auswirkungen die Pandemie auf das Arbeitsleben hat und welche Arbeitnehmerrechte geltend gemacht werden können.

Zur Prävention zu Hause bleiben

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer verpflichtet, ihrer jeweiligen Tätigkeit weiterhin nachzukommen. Die Befürchtung, beim Verlassen der Wohnung vom Virus infiziert zu werden, gilt als allgemeines Lebensrisiko und begründet keine Arbeitsunfähigkeit. Doch aufgrund der rapide ansteigenden Zahl an Infizierten und der Aufforderung, soziale Kontakte auf das Mindestmaß zu begrenzen, eröffnen eine Vielzahl an Arbeitgebern ihren Beschäftigten die Möglichkeit, zu Hause im Home Office zu arbeiten. Ein gesetzlicher Anspruch auf die Arbeit von zu Hause besteht jedoch nicht.

Besteht hingegen der Verdacht, sich mit dem Virus infiziert zu haben, etwa aufgrund einer erkrankten Kontaktperson im eigenen Umfeld, begründet dies gemäß § 616 S.1 BGB einen vorübergehenden persönlichen Verhinderungsgrund. In einem solchen Fall darf der Arbeitnehmer zu Hause bleiben, während ihm, wenn nicht durch Tarif- oder Arbeitsverträge ausgeschlossen, sein Entgelt weiterhin ausgezahlt wird. Einen solchen Verhinderungsgrund stellt auch ein medizinisch notwendiger Arztbesuch dar, welcher nur während der Arbeitszeit erfolgen konnte. Ist aus einem der obigen Gründe das Fernbleiben von der Arbeit erforderlich, so muss der Arbeitgeber unverzüglich informiert werden. 

Dienstreisen  

Die allgemeine Arbeitspflicht erfasst auch Dienstreisen. Zur Prävention und Verhinderung der weiteren Verbreitung des Virus fordern sowohl Gesundheitsexperten als auch die politisch Verantwortlichen, die Reisetätigkeiten auf das Nötigste zu beschränken. Zudem sind eine Vielzahl von Dienstreisen aufgrund der eingeführten Reisebeschränkungen ins Ausland und der Einschränkung des Flug- und Bahnverkehrs nicht mehr wahrnehmbar. Sollte der Arbeitgeber eine Dienstreise dennoch anordnen, sind bestimmte Grundsätze zu beachten. 

Der Arbeitnehmer kann nach § 275 Abs.3 BGB die Dienstreise verweigern, wenn die Arbeitsleistung an einem mit hohem Ansteckungsrisiko festgestellten Ort erbracht werden soll. Bei einer Verweigerung hat der Beschäftigte mit einer anderen Arbeit zu rechnen, die ihm zugewiesen wird. Erfolgt eine solche Zuweisung nicht, besteht das Recht auf Vergütung gemäß § 615 BGB dennoch. 

Im Falle einer angeordneten Dienstreise außerhalb eines Risikogebiets, kann die Weisung trotzdem als unbillig gewertet werden. Hier ist eine Interessenabwägung und ein Gespräch mit dem Arbeitgeber, im Zweifel mit dem Betriebsrat oder der Gewerkschaft, zu suchen. Ausnahmen gelten für medizinisches Personal.

Zwangsurlaub 

Dem Arbeitgeber steht grundsätzlich nicht das Recht zu, seine Arbeitnehmer gegen ihren Willen in den Urlaub oder nach Hause zu schicken. Dennoch können Ausnahmen, wie etwa in Form von Betriebsferien, bestehen. Betriebsferien werden vom Betriebs- oder Personalrat vereinbart. In betriebslosen Betrieben ist auch eine einseitige Anordnung möglich. Zu beachten ist jedoch, dass den Arbeitnehmern genug Resturlaub zur freien Verfügung verbleibt und die allgemeinen Belange der Beschäftigten berücksichtigt werden. Zudem kann der Abbau von Überstunden als Mittel vereinbart werden. Die einseitige Belastung von Arbeitskonten mit Minusstunden hingegen ist, wenn keine anderweitigen tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Regelungen bestehen, nicht möglich. 

Neben dem Zwangsurlaub stellt sich für viele Arbeitnehmer die Frage, ob der Arbeitgeber sie ohne ihren Willen nach Hause schicken kann. Bestehen für den Arbeitgeber hinreichend begründete Anhaltspunkte zur Annahme, dass der Arbeitnehmer mit dem Virus infiziert ist, steht ihm dieses Recht zu. Der Gehalt nach § 615 BGB ist dem Arbeitnehmer dennoch weiterhin auszuzahlen.

Vergütungsanspruch  

Der Arbeitgeber schuldet seinen Beschäftigten nach § 616 S.1 BGB auch dann die Vergütung, wenn diese für eine verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit durch in der eigenen Person liegenden Gründe ohne eigenes Verschulden an der Dienstleistung gehindert sind. So wird auch einem Arbeitnehmer, welcher aufgrund einer Quarantäne arbeitsunfähig ist, der Lohn weiterhin ausgezahlt. Nach allgemeiner Rechtsprechung wird ein Zeitraum von bis zu sechs Wochen erfasst. Die normierte Lohnfortzahlungspflicht kann vom jeweiligen Tarif- oder Arbeitsvertrag ausgeschlossen oder gemindert worden sein. Besteht kein Anspruch auf Vergütung gegen den Arbeitgeber, könnte ein Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1 IfSG gegen den Staat in Frage kommen. Zudem gilt grundsätzlich, dass Beschäftigte, die an Corona erkranken oder dadurch an ihrer Arbeit gehindert werden, die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (EFZG) erhalten.

Auch Eltern können sich auf § 616 BGB und die persönlichen Verhinderung wegen bestehender Sorgeverpflichtungen nach § 1626 S. 1 BGB berufen, wenn angesichts der flächendeckenden Schließung von Kitas und Schulen die Kinderbetreuung die Arbeit verhindert. Zwar sind Beschäftigte verpflichtet, Bemühungen anzustellen, um das Problem der Kinderbetreuung anderweitig zu lösen, doch die angeordnete Vermeidung sozialer Kontakte und der notwendige Verzicht auf die Unterstützung der Großeltern stellen eine Ausnahmesituation dar. Insbesondere wenn das Kind erkrankt, können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Freistellung von bis zu zehn Tagen je Kind und Elternteil, bei Alleinerziehenden bis zu 20 Tagen gemäß § 45 SGB V, beantragen.

Der Vergütungsanspruch besteht nicht, wenn die Arbeitsunfähigkeit aufgrund des zur Zeit eingeschränkten öffentlichen Verkehrs entsteht. Das Risiko des Arbeitsweges hat der Beschäftigte zu tragen. 

Zurückziehen des genehmigten Urlaubs   

Zwar schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine bezahlte Freistellung von der Arbeit, hat es jedoch nicht zu verantworten, wenn der Urlaub nicht wie geplant stattfinden kann. So können Beschäftigte, die über die Osterferien Urlaub beantragt hatten, kein Stornierungsrecht geltend machen.