Auskunftsansprüche des Arbeitgebers und der Annahmeverzugslohn

Auskunftsansprüche, Arbeitgeber, Annahmeverzugslohn

Das BAG urteilte über die Auskunftsansprüche des Arbeitgebers im Rahmen des Annahmeverzugs.

Der Arbeitgeber habe, so das BAG, gegen den aufgrund eines Annahmeverzugs Vergütung fordernden Arbeitnehmer einen Auskunftsanspruch über die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter unterbreiteten Vermittlungsvorschläge. Die Grundlage des Auskunftsbegehrens stelle im Rahmen des §242 BGB die Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis dar.

–  Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. Mai 2020 – 5 AZR 387/19

Die dem Urteil des BAG zugrundeliegende Fallkonstellation

Der Kläger war seit dem Jahr 1996 als Bauhandwerker bei der Beklagten beschäftigt. Seit 2011 wurden ihm zahlreiche Kündigungen ausgesprochen. Unter anderem wurde das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich fristgerecht mit einem Schreiben vom 30. Januar 2013 gekündigt. Seit dem Februar 2013 wurde keine weitere Vergütung ausgezahlt. 

Der Kläger hingegen reichte erfolgreich Kündigungsschutzklagen ein und gewährleistete den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten. Aufgrund der ausbleibenden Vergütung erhob er anschließend Klage auf Zahlung wegen Annahmeverzugs für die Zeit ab Februar 2013 unter Anrechnung des bezogenen Arbeitslosengeldes und Arbeitslosengeldes II.

Die Beklagte hält dem entgegen, dass es der Kläger böswillig unterlassen habe, anderweitige Verdienste zu erzielen. So forderte die Beklagte vom Kläger widerklagend eine schriftliche Auskunft über die von der Agentur für Arbeit und durch das Jobcenter an den Kläger übermittelten Stellenangebote von Dritten. Diese Auskunft solle ferner die Nennung der Tätigkeit, der Arbeitszeit und des Arbeitsortes sowie der ausgeschriebenen Vergütung enthalten.

Urteil des BAG: Auskunftsansprüche des Arbeitgebers 

Den Urteilen der Vorinstanzen gleichend hat das BAG den geltend gemachten Auskunftsanspruch gegen den Kläger durch ein Teilurteil zugesprochen. 

Obwohl die Zivilprozessordnung grundsätzlich keine Auskunftspflichten kenne, könne ein solches auf einer materiell-rechtlichen Grundlage nach dem Prinzip des Treu und Glaubens bestehen. Dies setze jedoch, so das BAG, voraus, dass im Rahmen der zugrundeliegenden Rechtsbeziehung der Berechtigte in entschuldbarer Weise über den bestehenden Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft geben kann, ohne dass Darlegungs- und Beweissituationen im Prozess unzulässig verändert werden.

Im vorliegenden Fall sei die Beklagte durch die seitens des Klägers erhobene Zahlungsklage in ihren vertraglichen Rechten betroffen, da grundsätzlich anderweitig erzielte Verdienste oder böswillig unterlassene Zwischenverdienste des Arbeitnehmers die Entstehung des Vergütungsanspruches aufgrund eines Annahmeverzuges verhindern. Um dem Arbeitnehmer ein solches böswilliges Unterlassen oder anderweitige Verdienste im Rahmen des materiellen Rechts einwenden zu können, benötigt der Arbeitgeber entsprechende Auskünfte.

Ebendiese könne, so das BAG, der Arbeitgeber regelmäßig nicht darlegen. Zudem sei der Versuch der Informationsbeschaffung durch Umwege datenschutzrechtlich unzulässig. Auch in Hinsicht eines böswilligen Unterlassenes anderer zumutbarer Arbeit sei der Arbeitgeber in Bezug auf Vermittlungsvorschläge aufgrund des Sozialgeheimnisses nicht berechtigt, Auskünfte zu erteilen. So liefe die gesetzlich vorgesehene Anrechnungsmöglichkeit in Bezug auf anderweitig erzielte Verdienste und Anrechnungsmöglichkeiten bei Dritten ohne eine Auskunftsanspruch ins Leere. Um dem entgegenzuwirken, sprach das BAG dem Arbeitgeber ein Auskunftsrecht zu und erklärte, dass dieses im vorliegenden Falle auch die Darlegungs- und Beweissituation nicht unzulässig verändere.

Nichtigkeit von Arbeitsverträgen bei Überschreitung der zulässigen Arbeitszeit

zulässige Arbeitszeit, Arbeitsvertrag

Das LAG Nürnberg urteilte über die Nichtigkeit von Arbeitsverträgen im Falle der Überschreitung der zulässigen Arbeitszeit.

Werde mit dem Abschluss eines zweiten Arbeitsvertrags mit einem anderen Arbeitgeber die regelmäßige wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden gemäß § 2 Abs.1 Satz. 1 Hs. 2 ArbZG überschritten, führe dies, so das LAG Nürnberg, im Rahmen des Prioritätsprinzips grundsätzlich zur Nichtigkeit des zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrags.

  • LAG Nürnberg, Urteil vom 19.5.2020 – 7 Sa 11/19

Die dem Urteil des LAG Nürnberg zugrundeliegende Fallkonstellation

Der Kläger, welcher sich bereits in einem Hauptarbeitsverhältnis mit einer vereinbarten Arbeitszeit von 40 Stunden befand, ging mit dem Beklagten ein weiteres Arbeitsverhältnis ein. Er sollte als stellvertretender Wasserwart monatlich 60,5 Stunden, die er frei einteilen konnte, arbeiten. Zudem verpflichtete sich der Kläger zur Einsatzbereitschaft in Eil- und Notfällen auf Abruf. 

Aufgrund von Unstimmigkeiten bezüglich der Qualifikation des Klägers machte der Beklagte geltend, dass der TVöD-Arbeitsvertrag wegen der Überschreitung der zulässigen wöchentlichen Arbeitszeit nichtig sei. Zulässig seien maximal zehn Stunden Arbeit pro Tag, sodass ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz vorliege. Ferner kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis. 

Der Kläger legte eine Kündigungsschutzklage ein und berief sich darauf, dass ein Verstoß gegen die Arbeitszeitvorschriften nicht vorliege. Gemäß § 7 ArbZG seien abweichende Regelungen über zehn Stunden werktäglich möglich. Ferner betrage nach §6 Abs. 5, 6, 7 TVöD die zulässige Wochenarbeitszeit 45 Stunden, sodass seine Arbeitszeit von 11,8 Stunden pro Tag zulässig sei.

LAG Nürnberg: Überschreitung der zulässigen wöchentlichen Arbeitszeit führt grundsätzlich zur Nichtigkeit des zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrages

Grundsätzlich ist ein Arbeitnehmer befugt, ein zweites Arbeitsverhältnis einzugehen, solange er die dem Arbeitgeber gegenüber verpflichteten Arbeitsleistungen während der vereinbarten Arbeitszeit erbringen kann. Falls jedoch die werktägliche Arbeitszeit über 8 Stunden oder 10 Stunden, sofern innerhalb von 6 Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt 6 Stunden werktäglich nicht überschritten worden sind, hinausgeht, sei das neue Arbeitsverhältnis als fehlerhaft zu klassifizieren.

Das LAG Nürnberg verwies darauf, dass § 3 ArbZG als ein Verbotsgesetz nach § 134 BGB eine öffentlich- rechtliche Schutzvorschrift für Arbeitnehmer darstelle und daher nicht disponibel sei. Daraus resultiere eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 60 Stunden, wenn innerhalb des Ausgleichszeitraums im Durchschnitt 48 Stunden in der Woche nicht überschritten worden sind.

Im vorliegenden Fall ergebe sich unter Einbeziehung des Hauptarbeitsverhältnisses des Klägers eine dauerhafte Überschreitung der gesetzlich vorgegebenen wöchentlichen Höchstarbeitszeit. Für die Frage, welches Arbeitsverhältnis von der Nichtigkeitsfolge betroffen ist, sei das Prioritätsprinzip heranzuziehen. Demnach sei der zuletzt geschlossene Arbeitsvertrag nichtig. 

Ferner wies das LAG jedoch darauf hin, dass der Schutzzweck des Arbeitnehmerschutzrechts nicht durch die Vollnichtigkeit des Arbeitsvertrages, sondern durch Anpassung des Vertrages an das geltende Recht gewährleistet werde. So sei zwischen dem die Höchstarbeitszeit überschreitenden Arbeitsvertrag und dem Hauptarbeitsverhältnis eine geltungserhaltende Reduktion vorzunehmen. Demnach käme eine Aufspaltung der Vereinbarung in einen unwirksamen und einen wirksamen Teil des Vertrages in Betracht, falls angenommen werden könne, dass die Vertragsparteien bei Kenntnis der teilweisen Rechtswidrigkeit in ihrer vertraglichen Vereinbarung eine Regelung getroffen hätten, die sich auf das Ausschöpfen des zulässigen gesetzlichen Rahmens beschränkt hätte. Dies sei im Falle des Klägers jedoch nicht ersichtlich. So erklärte das LAG Nürnberg den zweiten Arbeitsvertrag in seiner Gesamtheit für nichtig.

Kündigungswunsch macht spätere Klage nicht unzulässig

Ende letzten Jahres urteilte das hessische Landesarbeitsgericht über das Kündigungsrecht.

Eine mündliche Äußerung des Arbeitnehmers, er wolle gekündigt werden, mache, so das LAG, eine erhobene Kündigungsschutzklage nicht treuwidrig. Auch rechtfertige der Wunsch nach einer Kündigung keinen arbeitgeberseitig gestellten Auflösungsantrag.

  Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 09.12.2019, 16 Sa 839/19

Die dem Urteil des LAG zugrundeliegende Fallkonstellation

Die Beklagte, Betreiberin eines Autohauses, beschäftigte seit dem 2. Mai 2018 den Kläger als Serviceberater zu einer Bruttomonatsvergütung von 3900 €. Mit einem Schreiben vom 15. November 2018 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis ordentlich. 

Hiergegen reichte der Kläger am 5. Dezember 2018 beim Arbeitsgericht Klage ein und machte die Sozialwidrigkeit der Kündigung geltend. Die Beklagte sei keine arbeitnehmerfreundliche Arbeitgeberin gewesen, da sie weder erarbeiteten Urlaubsanspruch gewähre noch Überstunden vergüte. Aufgrund dessen hätten innerhalb weniger Monate mehr als zehn Mitarbeiter den Betrieb der Beklagten verlassen. Das Kündigungsschreiben habe die Geschäftsführerin, so der Kläger, mit der Begründung, er täusche lediglich eine Arbeitsunfähigkeit vor, am 15. November 2018 persönlich überreicht. Tatsächlich habe er entzündete Atemwege gehabt.

Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt. Am 30. Juli 2019 legte die Beklagte jedoch Berufung ein. Die Beklagte rügte, dass es sich um eine Wunschkündigung durch den Kläger selbst handle. Nachdem dem Kläger am 6. November 2018 der begehrte Urlaub nicht genehmigt wurde, sei dieser nach reiflicher Überlegung gegen Feierabend mit der Bitte um Kündigung des Arbeitsverhältnisses herangetreten. Seit dem darauffolgenden Tag sei er nicht mehr zur Arbeit erschienen. Demzufolge sei zumindest der arbeitgeberseitige Auflösungsantrag begründet. Eine vertrauensvolle Mitarbeit des Klägers könne, so die Beklagte, nicht mehr erwartet werden.

Urteil des LAG: Trotz Kündigungswunsch des Arbeitnehmers Kündigungsschutzklage möglich

Das hessische LAG erklärte die Berufung der Beklagten als unbegründet. Es treffe nicht zu, dass es gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich sei, wenn der Kläger sich auf die Sozialwidrigkeit der Kündigung berufe, auch wenn er selbst den Ausspruch der Kündigung gewünscht habe. Andernfalls käme dies, so das LAG, einem unwirksamen Vorausverzicht auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage gleich. 

Seit Inkrafttreten des § 623 BGB stelle es zudem einen Wertungswiderspruch dar, wenn der Kündigungswunsch als Klagehindernis akzeptiert werde. Der Arbeitnehmer wäre in einem solchen Fall weniger geschützt als bei einer von ihm selbst ausgesprochenen Kündigung. 

Auch der Auflösungsantrag der Beklagten sei nach § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG unbegründet. Eine unzumutbare Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber sei hier nicht ersichtlich.

Die Beklagte hatte gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen. Eine weitere Revision wurde nach § 72 Abs. 2 ArbGG für unzulässig erklärt.

Coronakrise: Wissenswertes für Arbeitgeber

Während der Coronakrise stellt sich für viele Arbeitgeber die Frage, welche Auswirkungen die Pandemie auf das Arbeitsleben hat und welchen Verpflichtungen man gegenüber den Arbeitnehmern unterliegt. 

Schutzmaßnahmen

Während Arbeitnehmer weiterhin verpflichtet sind, ihrer jeweiligen Tätigkeit nachzukommen, ist es die Aufgabe und Verpflichtung des Arbeitgebers, für die Sicherheit am Arbeitsplatz zu sorgen. Hierbei gelten die allgemeinen Grundsätze des Arbeitsschutzes gemäß § 4 ArbSchG und die Fürsorgepflicht nach § 618 BGB. So sollte der Arbeitgeber die Mitarbeiter nicht nur über Gefahren und Risiken des Virus informieren, sondern konkrete Schutzmaßnahmen treffen. Eine mögliche Maßnahme könnte die Arbeit von zu Hause im Home Office darstellen. Einen gesetzlichen Anspruch auf die Arbeit von zu Hause besitzen Arbeitnehmer jedoch nicht. 

Ist es dem Arbeitgeber nicht möglich, ein Home Office für seine Mitarbeiter einzurichten, wird empfohlen, zumindest im Betrieb Mundschutzmasken und Desinfektionsmittel zur Verfügung zu stellen. Gerade Pausen- und Aufenthaltsräume sollten zudem nach Möglichkeit geschlossen oder zumindest so eingerichtet werden, dass ein räumlich getrennter Aufenthalt mit einer Distanz von etwa 1,5 Metern zwischen den Menschen möglich ist.

Auch können Arbeitgeber neben der Überprüfung der Einhaltung und gegebenenfalls Verschärfung von Hygienevorschriften eine Betriebsvereinbarung in Erwägung ziehen, in der Verhaltensweisen für den Fall der Ausweitung der Pandemie greifen, bei deren Verstoß der Arbeitnehmer abgemahnt werden kann.

Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats 

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG steht dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bezüglich der anzuordnenden Schutzmaßnahmen vor dem Corona-Virus zu, auch wenn keine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden muss. Bei Hygienevorschriften wie der Einführung einer Pflicht zur regelmäßigen Desinfektion der Hände ergibt sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aufgrund der Regelung über das Verhalten der Arbeitnehmer aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Auch im Falle einer Änderung von Arbeitszeiten durch die Wahrnehmung vom Home-Office ist das Mitbestimmungsrecht des Rates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu beachten.

Betriebsschließung und Kurzarbeit

Arbeitgeber sind grundsätzlich befugt, den Betrieb freiwillig vorübergehend zu schließen. Hier würde der Lohnfortzahlungsanspruch des Arbeitgebers nach § 615 BGB jedoch weiterbestehen und auch auf die Stundenkonten der Beschäftigten könnte, sofern nicht vertraglich anders vorgesehen, der Arbeitgeber nicht zurückgreifen, da er gemäß § 615 S. 3 BGB das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko trägt. Eine Ausnahmesituation, die den Entfall des Lohnfortzahlungsanspruchs der Mitarbeiter begründen könnte, wäre nur annehmbar, wenn der Betrieb nicht durch den Arbeitgeber, sondern durch eine behördliche oder staatliche Entscheidung geschlossen wird.

So entscheiden sich in der augenblicklichen Situation viele Unternehmen dafür, auf die Kurzarbeit zurückzugreifen und Entgeltausfälle über das Kurzarbeitergeld abzufedern. Arbeitgeber müssen diese Leistung beantragen. Im Eilverfahren hat die Bundesregierung die Regelungen zur Kurzarbeit, welche ab dem 1. April 2020 in Kraft treten wird, geändert. Zweck ist es, Unternehmen und Beschäftigte, welche von den Folgen der Corona-Krise betroffen sind, wirkungsvoll zu unterstützen. 

Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist, dass die üblichen Arbeitszeiten verringert sind. Während bislang mindestens ein Drittel der Beschäftigten von einem Arbeitsausfall betroffen sein mussten, soll dieser Grenzwert auf 10 Prozent der Beschäftigten abgesenkt werden. Beispielsweise wäre dies der Fall, wenn staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass der Betrieb vorrübergehend geschlossen werden muss.

Ob die Voraussetzungen für die Gewährung des Kurzarbeitergelds vorliegen, prüft die zuständige Agentur für Arbeit im Einzelfall. Das Kurzarbeitergeld wird dann für eine Dauer von bis zu zwölf Monaten bewilligt. Kurzarbeitergeld wird in derselben Höhe wie Arbeitslosengeld bezahlt und beträgt 67 bzw. 60 Prozent der Differenz zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt, das ohne Arbeitsausfall gezahlt worden wäre, und dem pauschaliertem Nettoentgelt aus dem tatsächlich erhaltenen Arbeitsentgelt.

Kündigung und Zwangsurlaub

Sobald Kurzarbeitergeld beantragt wird, kann davon ausgegangen werden, dass es sich lediglich um eine vorübergehende Störung des Betriebes handelt, wovon aufgrund der aktuellen Situation fast alle Betriebe betroffen sind. Die Größe und Dauer der wirtschaftlichen Schäden ist unklar und so sollte es Ziel des Arbeitgebers sein, alle Mittel außerhalb der Kündigung auszuschöpfen. Möglich sind beispielsweise individuelle Regelungen mit den Arbeitnehmern.

Dem Arbeitgeber steht jedoch nicht das Recht zu, seine Arbeitnehmer gegen ihren Willen in den Urlaub oder nach Hause zu schicken. Dennoch können Ausnahmen, wie etwa in Form von Betriebsferien, bestehen. Betriebsferien werden vom Betriebs- oder Personalrat vereinbart. In betriebslosen Betrieben ist auch eine einseitige Anordnung möglich. Zu beachten ist jedoch, dass den Arbeitnehmern genug Resturlaub zur freien Verfügung verbleibt und die allgemeinen Belange der Beschäftigten berücksichtigt werden. Zudem kann der Abbau von Überstunden als Mittel vereinbart werden. Die einseitige Belastung von Arbeitskonten mit Minusstunden hingegen ist, wenn keine anderweitigen tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Regelungen bestehen, nicht möglich.

Anordnung von Überstunden

Während es in vielen Betrieben aufgrund der steigenden Infektionen an Mitarbeitern mangelt, stellt sich für viele Arbeitgeber die Frage, ob Überstunden angeordnet werden können, um die fehlenden Beschäftigten zu ersetzen.

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer zur Arbeit in dem in ihrem Arbeitsvertrag vereinbarten Umfang verpflichtet. Falls im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in der Betriebs- oder Dienstvereinbarung vorgesehen, können Arbeitgeber zudem Überstunden anordnen. Hierbei hat der Arbeitgeber bestimmte Grenzwerte zu beachten. So dürfen die geltenden Tageshöchstarbeitszeit von 10 Stunden und die Grenzen der Ruhezeiten von meist 11 Stunden täglich, der Nachtarbeit und der Sonntags- und Feiertagsruhe nicht überschritten werden. Zudem müssen die Überstunden zusätzlich vergütet werden.

Auch in Notfallsituationen dürfen Arbeitgeber, in Betrieben mit Betriebsrat unter dessen Zustimmung, die überobligatorische Arbeit einfordern. In solchen, unabhängig vom Willen des Arbeitgebers eintretenden Ausnahmefällen, eröffnet § 14 ArbZG Abweichungsmöglichkeiten der oben genannten Grenzwerte. Meist sind derartige Abweichungen in den Gesundheitseinrichtungen oder der Lebensmittelproduktion vorzufinden, wenn Lebensmittel zu verderben drohen oder bedürftige Pflegepersonen betreut werden müssen. Doch auch hier darf die wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden wöchentlich nicht überschritten werden. Aufsichtsbehörden können gemäß § 15 Abs. 2 ArbZG weitergehende Ausnahmen zulassen, wenn sie im öffentlichen Interesse stehen.

Umgang mit Verdachtspersonen  

Der Arbeitgeber darf nicht in das grundrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht oder in das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Arbeitnehmers eingreifen und ihn über seinen Gesundheitszustand befragen. Die betriebsärztliche Untersuchung hingegen darf nur bei besonderen Anhaltspunkten angeordnet werden, wie beispielsweise nach der Rückkehr aus einem Risikogebiet.

Hat der Arbeitgeber einen besonderen Verdacht, muss er dies den Behörden nicht melden. Eine solche Meldepflicht trifft lediglich Ärzte und andere im Gesundheitswesen tätige Personen.

Lohnfortzahlungsanspruch der Beschäftigten

Der Arbeitgeber schuldet seinen Beschäftigten nach § 616 S.1 BGB auch dann die Vergütung, wenn diese für eine verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit durch in der eigenen Person liegenden Gründe ohne eigenes Verschulden an der Dienstleistung gehindert sind. So wird auch einem Arbeitnehmer, welcher aufgrund einer Quarantäne arbeitsunfähig ist, der Lohn weiterhin ausgezahlt. Nach allgemeiner Rechtsprechung wird ein Zeitraum von bis zu sechs Wochen erfasst. Die normierte Lohnfortzahlungspflicht kann vom jeweiligen Tarif- oder Arbeitsvertrag ausgeschlossen oder gemindert werden.

Auch Eltern können sich auf § 616 BGB und die persönliche Verhinderung wegen bestehender Sorgeverpflichtungen nach § 1626 S. 1 BGB berufen, wenn angesichts der flächendeckenden Schließung von Kitas und Schulen die Kinderbetreuung die Arbeit verhindert. Insbesondere wenn das Kind erkrankt, können Arbeitnehmer eine Freistellung von bis zu zehn Tagen je Kind und Elternteil, bei Alleinerziehenden bis zu 20 Tagen gemäß § 45 SGB V, beantragen.

Coronakrise: Wissenswertes für Arbeitnehmer

Während der Coronakrise stellt sich für viele Arbeitnehmer die Frage, welche Auswirkungen die Pandemie auf das Arbeitsleben hat und welche Arbeitnehmerrechte geltend gemacht werden können.

Zur Prävention zu Hause bleiben

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer verpflichtet, ihrer jeweiligen Tätigkeit weiterhin nachzukommen. Die Befürchtung, beim Verlassen der Wohnung vom Virus infiziert zu werden, gilt als allgemeines Lebensrisiko und begründet keine Arbeitsunfähigkeit. Doch aufgrund der rapide ansteigenden Zahl an Infizierten und der Aufforderung, soziale Kontakte auf das Mindestmaß zu begrenzen, eröffnen eine Vielzahl an Arbeitgebern ihren Beschäftigten die Möglichkeit, zu Hause im Home Office zu arbeiten. Ein gesetzlicher Anspruch auf die Arbeit von zu Hause besteht jedoch nicht.

Besteht hingegen der Verdacht, sich mit dem Virus infiziert zu haben, etwa aufgrund einer erkrankten Kontaktperson im eigenen Umfeld, begründet dies gemäß § 616 S.1 BGB einen vorübergehenden persönlichen Verhinderungsgrund. In einem solchen Fall darf der Arbeitnehmer zu Hause bleiben, während ihm, wenn nicht durch Tarif- oder Arbeitsverträge ausgeschlossen, sein Entgelt weiterhin ausgezahlt wird. Einen solchen Verhinderungsgrund stellt auch ein medizinisch notwendiger Arztbesuch dar, welcher nur während der Arbeitszeit erfolgen konnte. Ist aus einem der obigen Gründe das Fernbleiben von der Arbeit erforderlich, so muss der Arbeitgeber unverzüglich informiert werden. 

Dienstreisen  

Die allgemeine Arbeitspflicht erfasst auch Dienstreisen. Zur Prävention und Verhinderung der weiteren Verbreitung des Virus fordern sowohl Gesundheitsexperten als auch die politisch Verantwortlichen, die Reisetätigkeiten auf das Nötigste zu beschränken. Zudem sind eine Vielzahl von Dienstreisen aufgrund der eingeführten Reisebeschränkungen ins Ausland und der Einschränkung des Flug- und Bahnverkehrs nicht mehr wahrnehmbar. Sollte der Arbeitgeber eine Dienstreise dennoch anordnen, sind bestimmte Grundsätze zu beachten. 

Der Arbeitnehmer kann nach § 275 Abs.3 BGB die Dienstreise verweigern, wenn die Arbeitsleistung an einem mit hohem Ansteckungsrisiko festgestellten Ort erbracht werden soll. Bei einer Verweigerung hat der Beschäftigte mit einer anderen Arbeit zu rechnen, die ihm zugewiesen wird. Erfolgt eine solche Zuweisung nicht, besteht das Recht auf Vergütung gemäß § 615 BGB dennoch. 

Im Falle einer angeordneten Dienstreise außerhalb eines Risikogebiets, kann die Weisung trotzdem als unbillig gewertet werden. Hier ist eine Interessenabwägung und ein Gespräch mit dem Arbeitgeber, im Zweifel mit dem Betriebsrat oder der Gewerkschaft, zu suchen. Ausnahmen gelten für medizinisches Personal.

Zwangsurlaub 

Dem Arbeitgeber steht grundsätzlich nicht das Recht zu, seine Arbeitnehmer gegen ihren Willen in den Urlaub oder nach Hause zu schicken. Dennoch können Ausnahmen, wie etwa in Form von Betriebsferien, bestehen. Betriebsferien werden vom Betriebs- oder Personalrat vereinbart. In betriebslosen Betrieben ist auch eine einseitige Anordnung möglich. Zu beachten ist jedoch, dass den Arbeitnehmern genug Resturlaub zur freien Verfügung verbleibt und die allgemeinen Belange der Beschäftigten berücksichtigt werden. Zudem kann der Abbau von Überstunden als Mittel vereinbart werden. Die einseitige Belastung von Arbeitskonten mit Minusstunden hingegen ist, wenn keine anderweitigen tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Regelungen bestehen, nicht möglich. 

Neben dem Zwangsurlaub stellt sich für viele Arbeitnehmer die Frage, ob der Arbeitgeber sie ohne ihren Willen nach Hause schicken kann. Bestehen für den Arbeitgeber hinreichend begründete Anhaltspunkte zur Annahme, dass der Arbeitnehmer mit dem Virus infiziert ist, steht ihm dieses Recht zu. Der Gehalt nach § 615 BGB ist dem Arbeitnehmer dennoch weiterhin auszuzahlen.

Vergütungsanspruch  

Der Arbeitgeber schuldet seinen Beschäftigten nach § 616 S.1 BGB auch dann die Vergütung, wenn diese für eine verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit durch in der eigenen Person liegenden Gründe ohne eigenes Verschulden an der Dienstleistung gehindert sind. So wird auch einem Arbeitnehmer, welcher aufgrund einer Quarantäne arbeitsunfähig ist, der Lohn weiterhin ausgezahlt. Nach allgemeiner Rechtsprechung wird ein Zeitraum von bis zu sechs Wochen erfasst. Die normierte Lohnfortzahlungspflicht kann vom jeweiligen Tarif- oder Arbeitsvertrag ausgeschlossen oder gemindert worden sein. Besteht kein Anspruch auf Vergütung gegen den Arbeitgeber, könnte ein Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1 IfSG gegen den Staat in Frage kommen. Zudem gilt grundsätzlich, dass Beschäftigte, die an Corona erkranken oder dadurch an ihrer Arbeit gehindert werden, die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (EFZG) erhalten.

Auch Eltern können sich auf § 616 BGB und die persönlichen Verhinderung wegen bestehender Sorgeverpflichtungen nach § 1626 S. 1 BGB berufen, wenn angesichts der flächendeckenden Schließung von Kitas und Schulen die Kinderbetreuung die Arbeit verhindert. Zwar sind Beschäftigte verpflichtet, Bemühungen anzustellen, um das Problem der Kinderbetreuung anderweitig zu lösen, doch die angeordnete Vermeidung sozialer Kontakte und der notwendige Verzicht auf die Unterstützung der Großeltern stellen eine Ausnahmesituation dar. Insbesondere wenn das Kind erkrankt, können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Freistellung von bis zu zehn Tagen je Kind und Elternteil, bei Alleinerziehenden bis zu 20 Tagen gemäß § 45 SGB V, beantragen.

Der Vergütungsanspruch besteht nicht, wenn die Arbeitsunfähigkeit aufgrund des zur Zeit eingeschränkten öffentlichen Verkehrs entsteht. Das Risiko des Arbeitsweges hat der Beschäftigte zu tragen. 

Zurückziehen des genehmigten Urlaubs   

Zwar schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine bezahlte Freistellung von der Arbeit, hat es jedoch nicht zu verantworten, wenn der Urlaub nicht wie geplant stattfinden kann. So können Beschäftigte, die über die Osterferien Urlaub beantragt hatten, kein Stornierungsrecht geltend machen. 

Auskünfte des Arbeitgebers auch ohne Verpflichtung müssen richtig sein

Ende vergangenen Monats urteilte das BAG über die erforderliche Richtigkeit von Auskünften des Arbeitgebers, auch wenn eine Verpflichtung zur Auskunft nicht bestand.

So habe der Arbeitgeber für Schäden zu haften, die der Arbeitnehmer aufgrund einer nicht hinreichend richtigen, eindeutigen und vollständigen Auskunft erleide.

  BAG, Urteil vom 18.02.2020 – 3 AZR 206/18

Die dem Urteil des BAG zugrundeliegende Fallkonstellation

Der Kläger und zugleich Beschäftigter des Beklagten war im Jahr 2014 in den Ruhestand getreten. Aufgrund des seit Beginn des Jahres 2003 geltenden Tarifvertrags zur Entgeltumwandlung für Arbeitnehmer/-innen im kommunalen öffentlichen Dienst, schloss der Beklagte einen Rahmenvertrag zur betrieblichen Altersversorgung mit einer Pensionskasse. Der Kläger nahm im April 2003 an einer Betriebsversammlung mit einem Fachberater der örtlichen Sparkasse teil, welcher die Anwesenden über Chancen und Möglichkeiten der Entgeltumwandlung als Vorsorge über die Pensionskasse informierte. 

Im September schloss der Kläger eine Entgeltumwandlungsvereinbarung mit Kapitalwahlrecht ab und ließ sich ab Anfang des Jahres 2015 seine Pensionskassenrente als Einmalkapitalbetrag auszahlen. Hierfür musste der Kläger aufgrund einer Gesetzesänderung zusätzlich Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichten. 

Der Kläger begehrt nun die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge von der Beklagten. Diese habe ihn vor der Wahl der Form seiner Altersvorsorge über das zu diesem Zeitpunkt laufende Gesetzgebungsverfahren zur Einführung einer Beitragspflicht für Einmalkapitalleistungen nicht informiert. Eine solche Auskunft des Arbeitgebers hätte seine Entscheidung, so der Kläger, beeinflusst.

BAG: Arbeitgeber nicht verpflichtet, über geplante Gesetzesänderung zu informieren

Das Landesarbeitsgericht gab der Klage zunächst statt, bevor das BAG dieses im Revisionsverfahren wieder aufhob. Der Arbeitgeber sei nicht verpflichtet, über geplante Gesetzesänderung zu informieren. Er unterliege keiner Aufklärungspflicht. Auch seien Beitragszahlungen zur Sozialversicherung bei der Betriebsversammlung nicht thematisiert worden.

Erteile ein Arbeitgeber jedoch freiwillig Auskünfte, so das BAG, müssten diese richtig, eindeutig und vollständig sein. Ansonsten könne der Arbeitnehmer Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber geltend machen.

Telefonische Krankschreibung aufgrund von Coronavirus möglich

Ab sofort ist es möglich, sich bei einer leichten Erkrankung der oberen Atemwege nach telefonischer Rücksprache mit dem Arzt für bis zu sieben Tage krank schreiben zu lassen.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband verständigten sich am Montag über eine solche Maßnahme während der Coronavirus-Krise. Die neue Regelung gelte zunächst für eine Dauer von vier Wochen.

Reaktion auf Coronavirus-Krise 

Der Coronavirus breitet sich rapide aus. Mittlerweile sind bereits alle Bundesländer betroffen und auch nach den ersten beiden Todesfällen in Nordrhein-Westfalen sei, so die Spekulation, der Höhepunkt der Epidemie noch nicht erreicht. Die aktuelle Anzahl von 1.139 infizierten steigt stetig an und gibt Anlass für Vorkehrungen gegen eine weitere Ausbreitung. So einigten sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband am Montag über die Möglichkeit einer telefonischen Krankschreibung, ohne dass ein ärztlicher Besuch in der Praxis notwendig sei. Wer unter leichten Atemwegserkrankungen leide, könne nach telefonischer Rücksprache mit seinem Arzt eine Krankschreibung von bis zu sieben Tagen erhalten.

Diese neue Regelung gilt ab sofort für eine Dauer von vier Wochen.

Ausnahmen: 

Die Maßnahme gelte zwar für Erkältungen und grippale Infekte, jedoch nicht für Patienten mit schwerer Symptomatik. Auch seien Menschen, die Kriterien des Robert-Koch-Instituts für einen Verdacht auf eine Infektion mit Covid-19 erfüllen, nicht von der neuen Regelung betroffen. 

Keine Anerkennung einer Adoption im Ausland ohne Anwesenheit des Vaters

Ende letzten Jahres entschied das OLG Frankfurt über die Anerkennung einer Adoption in Afrika seitens einer Frau, ohne dass ihr Mann vor Ort anwesend war.

Das Gericht entschied, dass eine solche Adoption den Grundsätzen kindeswohlorientierter Verfahren widerspräche und lehnte die Anerkennung ab. Erforderlich sei ein neues Adoptionsverfahren.

  OLG Frankfurt; Beschluss vom 24.9.2019, Az. 1 UF 93/18

Die dem Urteil des OLG Frankfurt  zugrundeliegende Fallkonstellation

Auf ihrer Reise in einem westafrikanischem Staat nahm eine Frau ein neugeborenes Mädchen auf. Der biologische Vater hatte der Sorgerechtsübertragung zugestimmt und zudem erklärt, dass die Mutter kurz nach der Geburt verstorben sei. Aufgrund dessen entschied der High Court des Landes, dass das Ehepaar das Mädchen adoptieren dürfe. Der Mann der Frau war jedoch nicht vor Ort und hatte das Kind nie zuvor zu Gesicht bekommen. Nachdem sie mit dem Kind in Deutschland ankam, wollten die Eheleute die Entscheidung des afrikanischen Gerichts anerkennen lassen.

OLG Frankfurt: Widerspruch zur deutschen Rechtsordnung  

Der vorinstanzlichen Entscheidung des Amtsgerichts gleichend, entschied das OLG Frankfurt, dass das Urteil des High Courts in Afrika nicht mit dem ordre public international vereinbar sei.

Die Anwendung des ausländischen Rechts stehe im konkreten Fall, so das OLG Frankfurt, mit dem Grundgedanken der deutschen Regelung und den darin enthaltenen Vorstellungen der Gerechtigkeit in starkem Widerspruch. Insbesondere in den Fällen einer Adoption sei es von enormer Wichtigkeit, dass die Entscheidung an das Wohl des Kindes ausgerichtet sei. Hierzu müsse die Eignung der annehmenden Eltern anhand einer konkreten Überprüfung formaler Kriterien wie der finanziellen Sicherheit und darüber hinausgehender Aspekte wie dem persönlichen Verhältnis zum nicht eigenen Kind bestimmt werden.

All dies sei vom High Court nicht geprüft worden, weshalb starke Abweichungen zum deutschen Recht vorlägen. Folglich könne von einem rechtsstaatlichen Verfahren nicht ausgegangen werden.

Eine Behebung der Verfahrensmängel durch ein Anerkenntnisverfahren käme auch nicht in Betracht.

Das OLG Frankfurt betonte zudem, dass es im Interesse eines jeden Kindes stünde, dass Adoptionen in einem rechtsstaatlichen und kindeswohlorientierten Verfahren erfolge.

Die Rechtsbeschwerde zum BGH hat der Senat zugelassen.

Namensänderung eines Kindes ohne Erlaubnis des Vaters

Anfang letzten Monats urteilte das OLG Frankfurt über die Umbenennung eines Kindes trotz Widerspruch des Vaters.

Willige ein geschiedenes Elternteil der Umbenennung des gemeinsamen Kindes nicht ein, könne das Gericht, sofern es insbesondere zum Wohl des Kindes erforderlich sei, die Einwilligung ersetzen. 

  OLG Frankfurt; Beschluss vom 18.12.2019, Az. 1 UF 140/19

Die dem Urteil des OLG Frankfurt zugrundeliegende Fallkonstellation

Die Beteiligten, ein ehemals verheiratetes Paar, sind Eltern einer gemeinsam Tochter. Seit der Scheidung im Jahr 2010 pflegte der Vater zunehmend weniger Kontakt zu seiner Tochter und brach diesen 2014 gänzlich ab.  

Die Mutter heiratete erneut und trägt seither den Familiennamen ihres zweiten Ehemannes, zusammen mit der gemeinsamen Tochter aus der zweiten Ehe. 

Auf den Wunsch, dass auch ihre erste Tochter den Familiennamen ihres neuen Partners annimmt, entgegnete der biologische Vater des Kindes mit Widerspruch und willigte dem nicht ein.

Die Mutter legte daraufhin Beschwerde beim OLG Frankfurt ein.

OLG Frankfurt: Gerichtliche Ersetzung der Einwilligung des Vaters möglich

Nach § 1618 S.4 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist die Voraussetzung für eine Namensänderung die Erforderlichkeit der Umbenennung zum Wohle des Kindes. Die Erforderlichkeit sei, so das OLG Frankfurt, nach dem Kriterium, ob die Aufrechterhaltung eines Namensbandes zum anderen Elternteil nicht zumutbar erscheine, zu beurteilen.

Das OLG Frankfurt bejahte in dieser Hinsicht die Erforderlichkeit der Namensänderung. Zwar befinde sich der Vater des Kindes in einer schweren Lebenssituation und der Name stelle eine wesentliche Verbindung zur Tochter dar, doch habe er schon seit längerer Zeit keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Zudem sei es für das Mädchen eine Belastung, einen anderen Namen als den ihrer Mutter und Halbschwester zu tragen. Auch wünschte sich das Kind selbst die Umbenennung, was ein wichtiger Faktor in der Abwägung des Gerichts darstellte. Die persönlichkeitsrechtliche Komponente eines Namens spreche, in Hinblick auf den Willen des Mädchens, für die Ersetzung der nicht erfolgten Einwilligung des Vaters.

Der BGH hatte im Jahr 2005 bezüglich der Erforderlichkeit der Umbenennung des Kindes ein anderes Abgrenzungskriterium als das des OLG Frankfurt entwickelt. Der BGH zog die Namensänderung erst in Betracht, wenn konkrete Umstände für eine Kindeswohlgefährdung vorlägen. 

In Hinblick auf diese abweichende Rechtsprechung hat der Senat die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen.