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Coronakrise: Wissenswertes für Arbeitgeber

Während der Coronakrise stellt sich für viele Arbeitgeber die Frage, welche Auswirkungen die Pandemie auf das Arbeitsleben hat und welchen Verpflichtungen man gegenüber den Arbeitnehmern unterliegt. 

Schutzmaßnahmen

Während Arbeitnehmer weiterhin verpflichtet sind, ihrer jeweiligen Tätigkeit nachzukommen, ist es die Aufgabe und Verpflichtung des Arbeitgebers, für die Sicherheit am Arbeitsplatz zu sorgen. Hierbei gelten die allgemeinen Grundsätze des Arbeitsschutzes gemäß § 4 ArbSchG und die Fürsorgepflicht nach § 618 BGB. So sollte der Arbeitgeber die Mitarbeiter nicht nur über Gefahren und Risiken des Virus informieren, sondern konkrete Schutzmaßnahmen treffen. Eine mögliche Maßnahme könnte die Arbeit von zu Hause im Home Office darstellen. Einen gesetzlichen Anspruch auf die Arbeit von zu Hause besitzen Arbeitnehmer jedoch nicht. 

Ist es dem Arbeitgeber nicht möglich, ein Home Office für seine Mitarbeiter einzurichten, wird empfohlen, zumindest im Betrieb Mundschutzmasken und Desinfektionsmittel zur Verfügung zu stellen. Gerade Pausen- und Aufenthaltsräume sollten zudem nach Möglichkeit geschlossen oder zumindest so eingerichtet werden, dass ein räumlich getrennter Aufenthalt mit einer Distanz von etwa 1,5 Metern zwischen den Menschen möglich ist.

Auch können Arbeitgeber neben der Überprüfung der Einhaltung und gegebenenfalls Verschärfung von Hygienevorschriften eine Betriebsvereinbarung in Erwägung ziehen, in der Verhaltensweisen für den Fall der Ausweitung der Pandemie greifen, bei deren Verstoß der Arbeitnehmer abgemahnt werden kann.

Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats 

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG steht dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bezüglich der anzuordnenden Schutzmaßnahmen vor dem Corona-Virus zu, auch wenn keine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden muss. Bei Hygienevorschriften wie der Einführung einer Pflicht zur regelmäßigen Desinfektion der Hände ergibt sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aufgrund der Regelung über das Verhalten der Arbeitnehmer aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Auch im Falle einer Änderung von Arbeitszeiten durch die Wahrnehmung vom Home-Office ist das Mitbestimmungsrecht des Rates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu beachten.

Betriebsschließung und Kurzarbeit

Arbeitgeber sind grundsätzlich befugt, den Betrieb freiwillig vorübergehend zu schließen. Hier würde der Lohnfortzahlungsanspruch des Arbeitgebers nach § 615 BGB jedoch weiterbestehen und auch auf die Stundenkonten der Beschäftigten könnte, sofern nicht vertraglich anders vorgesehen, der Arbeitgeber nicht zurückgreifen, da er gemäß § 615 S. 3 BGB das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko trägt. Eine Ausnahmesituation, die den Entfall des Lohnfortzahlungsanspruchs der Mitarbeiter begründen könnte, wäre nur annehmbar, wenn der Betrieb nicht durch den Arbeitgeber, sondern durch eine behördliche oder staatliche Entscheidung geschlossen wird.

So entscheiden sich in der augenblicklichen Situation viele Unternehmen dafür, auf die Kurzarbeit zurückzugreifen und Entgeltausfälle über das Kurzarbeitergeld abzufedern. Arbeitgeber müssen diese Leistung beantragen. Im Eilverfahren hat die Bundesregierung die Regelungen zur Kurzarbeit, welche ab dem 1. April 2020 in Kraft treten wird, geändert. Zweck ist es, Unternehmen und Beschäftigte, welche von den Folgen der Corona-Krise betroffen sind, wirkungsvoll zu unterstützen. 

Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist, dass die üblichen Arbeitszeiten verringert sind. Während bislang mindestens ein Drittel der Beschäftigten von einem Arbeitsausfall betroffen sein mussten, soll dieser Grenzwert auf 10 Prozent der Beschäftigten abgesenkt werden. Beispielsweise wäre dies der Fall, wenn staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass der Betrieb vorrübergehend geschlossen werden muss.

Ob die Voraussetzungen für die Gewährung des Kurzarbeitergelds vorliegen, prüft die zuständige Agentur für Arbeit im Einzelfall. Das Kurzarbeitergeld wird dann für eine Dauer von bis zu zwölf Monaten bewilligt. Kurzarbeitergeld wird in derselben Höhe wie Arbeitslosengeld bezahlt und beträgt 67 bzw. 60 Prozent der Differenz zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt, das ohne Arbeitsausfall gezahlt worden wäre, und dem pauschaliertem Nettoentgelt aus dem tatsächlich erhaltenen Arbeitsentgelt.

Kündigung und Zwangsurlaub

Sobald Kurzarbeitergeld beantragt wird, kann davon ausgegangen werden, dass es sich lediglich um eine vorübergehende Störung des Betriebes handelt, wovon aufgrund der aktuellen Situation fast alle Betriebe betroffen sind. Die Größe und Dauer der wirtschaftlichen Schäden ist unklar und so sollte es Ziel des Arbeitgebers sein, alle Mittel außerhalb der Kündigung auszuschöpfen. Möglich sind beispielsweise individuelle Regelungen mit den Arbeitnehmern.

Dem Arbeitgeber steht jedoch nicht das Recht zu, seine Arbeitnehmer gegen ihren Willen in den Urlaub oder nach Hause zu schicken. Dennoch können Ausnahmen, wie etwa in Form von Betriebsferien, bestehen. Betriebsferien werden vom Betriebs- oder Personalrat vereinbart. In betriebslosen Betrieben ist auch eine einseitige Anordnung möglich. Zu beachten ist jedoch, dass den Arbeitnehmern genug Resturlaub zur freien Verfügung verbleibt und die allgemeinen Belange der Beschäftigten berücksichtigt werden. Zudem kann der Abbau von Überstunden als Mittel vereinbart werden. Die einseitige Belastung von Arbeitskonten mit Minusstunden hingegen ist, wenn keine anderweitigen tarifvertraglichen oder arbeitsvertraglichen Regelungen bestehen, nicht möglich.

Anordnung von Überstunden

Während es in vielen Betrieben aufgrund der steigenden Infektionen an Mitarbeitern mangelt, stellt sich für viele Arbeitgeber die Frage, ob Überstunden angeordnet werden können, um die fehlenden Beschäftigten zu ersetzen.

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer zur Arbeit in dem in ihrem Arbeitsvertrag vereinbarten Umfang verpflichtet. Falls im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in der Betriebs- oder Dienstvereinbarung vorgesehen, können Arbeitgeber zudem Überstunden anordnen. Hierbei hat der Arbeitgeber bestimmte Grenzwerte zu beachten. So dürfen die geltenden Tageshöchstarbeitszeit von 10 Stunden und die Grenzen der Ruhezeiten von meist 11 Stunden täglich, der Nachtarbeit und der Sonntags- und Feiertagsruhe nicht überschritten werden. Zudem müssen die Überstunden zusätzlich vergütet werden.

Auch in Notfallsituationen dürfen Arbeitgeber, in Betrieben mit Betriebsrat unter dessen Zustimmung, die überobligatorische Arbeit einfordern. In solchen, unabhängig vom Willen des Arbeitgebers eintretenden Ausnahmefällen, eröffnet § 14 ArbZG Abweichungsmöglichkeiten der oben genannten Grenzwerte. Meist sind derartige Abweichungen in den Gesundheitseinrichtungen oder der Lebensmittelproduktion vorzufinden, wenn Lebensmittel zu verderben drohen oder bedürftige Pflegepersonen betreut werden müssen. Doch auch hier darf die wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden wöchentlich nicht überschritten werden. Aufsichtsbehörden können gemäß § 15 Abs. 2 ArbZG weitergehende Ausnahmen zulassen, wenn sie im öffentlichen Interesse stehen.

Umgang mit Verdachtspersonen  

Der Arbeitgeber darf nicht in das grundrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht oder in das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Arbeitnehmers eingreifen und ihn über seinen Gesundheitszustand befragen. Die betriebsärztliche Untersuchung hingegen darf nur bei besonderen Anhaltspunkten angeordnet werden, wie beispielsweise nach der Rückkehr aus einem Risikogebiet.

Hat der Arbeitgeber einen besonderen Verdacht, muss er dies den Behörden nicht melden. Eine solche Meldepflicht trifft lediglich Ärzte und andere im Gesundheitswesen tätige Personen.

Lohnfortzahlungsanspruch der Beschäftigten

Der Arbeitgeber schuldet seinen Beschäftigten nach § 616 S.1 BGB auch dann die Vergütung, wenn diese für eine verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit durch in der eigenen Person liegenden Gründe ohne eigenes Verschulden an der Dienstleistung gehindert sind. So wird auch einem Arbeitnehmer, welcher aufgrund einer Quarantäne arbeitsunfähig ist, der Lohn weiterhin ausgezahlt. Nach allgemeiner Rechtsprechung wird ein Zeitraum von bis zu sechs Wochen erfasst. Die normierte Lohnfortzahlungspflicht kann vom jeweiligen Tarif- oder Arbeitsvertrag ausgeschlossen oder gemindert werden.

Auch Eltern können sich auf § 616 BGB und die persönliche Verhinderung wegen bestehender Sorgeverpflichtungen nach § 1626 S. 1 BGB berufen, wenn angesichts der flächendeckenden Schließung von Kitas und Schulen die Kinderbetreuung die Arbeit verhindert. Insbesondere wenn das Kind erkrankt, können Arbeitnehmer eine Freistellung von bis zu zehn Tagen je Kind und Elternteil, bei Alleinerziehenden bis zu 20 Tagen gemäß § 45 SGB V, beantragen.