Ende vergangenen Monats urteilte das BAG über die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen bei Einstellung eines zuvor beim selben Arbeitgeber tätigen Arbeitnehmers.
Die 2011 vom BAG festgelegte Karenzzeit von 3 Jahren, die dem Arbeitgeber die sachgrundlose Befristung trotz Vorbeschäftigung ermöglichen sollte, wurde vom BVerfG als verfassungswidrig erklärt. Die Karenzzeit dürfe außer in seltenen Extremfällen keinem definierten Zeitraum unterliegen.
– BVerfG- Beschluss vom 06.06.2018, 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14, BAG vom 23.01.19, 7 AZR 733/16
Bisherige BAG Rechtsprechung
Nach § 14 Abs.2 TzBfG darf der Arbeitgeber bei Neueinstellungen das Arbeitsverhältnis für maximal zwei Jahre befristen. Eine Ausnahme ist gegeben, falls der Arbeitnehmer nach gewisser Zeit wieder im selben Unternehmen tätig werden möchte. In diesem Fall ist die sachgrundlose Befristung unzulässig. Durch das uneingeschränkte Vorbeschäftigungsverbot sah sich das BAG gezwungen, einen Zeitraum zu definieren, unter welchem die sachgrundlose Befristung wieder zugelassen werden sollte. So wurde 2011 die Karenzzeit auf 3 Jahre datiert.
Die BAG-Rechtsprechung war umstritten, da nach dem Wortlaut des § 14 Abs.2 TzBfG keine Karenzzeit anzuwenden ist. Die Landesgerichte entschieden sich überwiegend gegen die Anwendung der BAG-Richtlinien.
Das Bundesverfassungsgericht erklärt eingeschränkte Karenzzeit als verfassungswidrig
Im Sommer letzten Jahres beendete das Bundesverfassungsgericht die Diskussion. Eine Grenze von drei Jahren ergebe sich nicht aus dem Gesetz. Daher verstoße die Rechtsprechung des BAG gegen die Bindung der Justiz an Gesetz und Recht nach Art.20 Abs.3 Grundgesetz.
Dennoch sei es in Sonderfällen möglich, sachgrundlose Befristungen trotz Vorbeschäftigung als zulässig zu bewerten, um unzumutbare Ergebnisse zu vermeiden. Dies sei bei sehr lang zurückliegenden und anders gearteten Arbeitsverhältnissen der Fall. Auch eine frühere Beschäftigung von sehr kurzer Dauer sei als Sonderfall anzusehen. Fraglich ist, wann das Arbeitsverhältnis „sehr lange“ zurückliegt. Nach dem BAG sei die Zeit von acht Jahren nicht ausreichend.
Die dem neuen Urteil des BAG zugrundeliegenden Fallkonstellationen
Im ersten Fall erhob der Kläger Entfristungsklage vor dem Arbeitsgericht in Stuttgart gegen seinen Arbeitgeber.
Der Metallfacharbeiter war in Vergangenheit schon für den Automobilproduzenten tätig gewesen. 2013, nachdem 8 Jahre verstrichen waren, wollte er erneut im selben Unternehmen eingestellt werden. Dies erfolgte, jedoch sachgrundlos befristet.
Der zweite Fall war der eines vom 17.9.2001 bis 30.6.2005 tätigen Verwaltungsangestellten in Baden-Württemberg. Das Land stellte dem Arbeitnehmer nach einer Karenzzeit von sechs Jahren erneut ein und schloss einen befristeten Arbeitsvertrag ohne Sachgrund.
In beiden Fällen sei nach neuer Rechtsprechung des BVerfG kein Sonderfall gegeben, so das BAG. Die jeweiligen Zeitabstände seien von keiner erheblichen Länge.
Zudem stehe der Vertrauensschutz dem Arbeitgeber nicht zu, wenn dieser vom April 2011 bis zur Entscheidung des BVerfG einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag nach der Karenzzeit von drei Jahren geschlossen hat.
Er habe schließlich mit der Möglichkeit rechnen müssen, dass die für ihn günstige BAG-Rechtsprechung des Jahres 2011 vor dem BVerfG nicht bestandsfähig sei. Beide sachgrundlosen Befristungen seien unzulässig.