Skip to content

In Privatwohnungen abgeschlossene Aufhebungsverträge können nicht widerrufen werden

Ende letzter Woche urteilte das BAG über die Möglichkeit des Widerrufs von Aufhebungsverträgen, welche innerhalb der eigenen vier Wände geschlossen werden. Nach Auffassung des BAG handle es sich bei dem Abschluss von Aufhebungsverträgen nicht um widerrufbare Haustürgeschäfte.

-BAG vom 7.2.2019, 6 AZR 75/18, Vorinstanz: LAG Niedersachsen, Urteil vom 7.11.2017, 10 Sa 1159/16

Der Aufhebungsvertrag innerhalb der Privatwohnung

Am 15.02.16 wurde eine Reinigungskraft in ihrer Privatwohnung von dem Ehegatten der Arbeitgeberin aufgesucht, um einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen. Die zu diesem Zeitpunkt kranke Klägerin stimmte dem Vertrag zu, wurde jedoch im Nachhinein von Zweifeln übermannt. Der Aufhebungsvertrag enthielt neben der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Abfindung. Sie entschied sich deshalb zwei Tage später, am 17.02.16, für einen Widerruf und eine Anfechtung aus Gründen des Irrtums und der arglistigen Täuschung.
Sie sei mit der Inaussichtstellung einer finanziellen Notlage durch den Angeklagten und ihrer Krankheit nicht in der Lage gewesen, bei klarem Bewusstsein eine Entscheidung zu treffen.

Die Entscheidungen der einzelnen Instanzen

Das Arbeitsgericht Celle entschied am 20. September 2016 als erste Instanz für die Abweisung der Klage. Dieser Entscheidung schloss sich auch das Landesarbeitsgericht Niedersachsen in der zweiten Instanz an und entschied, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrags vom 15. Februar 2016 sein Ende gefunden habe (LAG Niedersachsen, 10 Sa 1159/16).
Ein Arbeitnehmer sei zwar Verbraucher im Sinne von § 13 BGB und es handele sich bei dem Aufhebungsvertrag auch um einen Verbrauchervertrag im Sinne des § 310 Abs. 3 BGB, jedoch nicht um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag im Sinne von § 312b Abs. 1 Ziffer 1 BGB.
Das durch §§ 312ff. BGB geregelte Haustürgeschäft betreffe, so das LAG Niedersachsen, in erster Linie Fälle wie Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen. Demnach seien die vom BAG aufgestellten Grundsätze zum Nichtbestehen eines Widerrufsrechts für Aufhebungsverträge auch auf diese Rechtslage anwendbar (BAG, Entscheidung vom 27. November 2003 – 2 AZR 135/03).
Die Anfechtungsgründe seien zudem nicht zulässig.

Das BAG entschied am Donnerstag vergangener Woche, dass seitens der Vorinstanzen eine richtige Zugrundelegung des Sachverhalts vorlag.
Zudem könne der Aufhebungsvertrag nicht im Sinne eines Haustürgeschäfts ausgelegt werden, da dies gegen den Verbraucherschutz verstoße. Das Widerrufsrecht nach §355 BGB sei nicht anwendbar.

Ausnahme bei Missachtung des Gebots der fairen Verhandlung möglich

Ein Ausnahmefall sei jedoch bei Missachtung des Gebots der fairen Verhandlung gegeben, falls durch Schaffung einer erheblichen psychischen Drucksituation dem Vertragspartner die Möglichkeit der freien Entscheidung genommen werde, so das BAG.
In obiger Fallkonstellation könne eine Ausnahmesituation nicht vollständig ausgeschlossen werden, da der Arbeitgeber die gesundheitliche Labilität der Klägerin zu seinem Gunsten hätte nutzen können. Gemäß § 249 Abs. 1 BGB würde der Arbeitgeber im Falle des Verstoßes gegen das Gebot der fairen Verhandlung dazu verurteilt werden, auf Basis der normierten Schadensersatzpflicht die vorvertraglichen Zustände erneut herzustellen. Ob dies tatsächlich der Fall gewesen ist, müsse jetzt das LAG beurteilen.