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Neues Urteil des BGH zur Kündigung wegen Eigenbedarfs

Die Anzahl an Eigenbedarfskündigungen nimmt immer mehr zu. Die Frage, wann ein Eigenbedarf vorliegt und ob der Mieter dennoch in der Wohnung bleiben darf, könne nicht durch eine Differenzierung in Fallgruppen beantwortet werden. Für künftige gerichtliche Entscheidungen in Fällen der Eigenbedarfskündigung formulierte der BGH neulich dennoch einige Leitfäden.

Die gesetzlichen Grundlagen der Eigenbedarfskündigung

Grundsätzlich schützt das Gesetz den Mieter, sofern er seinen vertraglichen Pflichten nachkommt. Der Vermieter besitzt bei pflichtgemäßem Verhalten des Mieters kaum eine Möglichkeit, den unbefristeten Mietvertrag zu kündigen.

Dennoch sind nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ordentliche Kündigungen zugelassen, falls der Vermieter den Wohnraum für sich oder Angehörige verwenden möchte. Der Mieter kann der sogenannten Eigenbedarfskündigung, dessen Voraussetzungen nicht sehr hoch sind, lediglich einen Härtefallantrag gegenüberstellen. Fraglich ist, inwiefern gerichtlich konkret entschieden werden muss, wenn sich Härtefall und Eigenbedarf wie in den aktuellen Fallkonstelationen gegenüberstehen.

Die dem BGH zugrundeliegenden Fallkonstellationen

Der BGH griff zwei Fälle auf, die zuvor von den Berufsgerichten zurückgewiesen worden waren.

Im ersten Fall hatte ein legitimier Eigenbedarf des Vermieters vorgelegen. Das Gericht hatte jedoch aufgrund des sehr hohen Alters der Mieterin einen Härtefall angenommen. Die 82 Jährige Frau hatte eine Demenzerkrankung und war seit 1974 die Mieterin der Wohnung. Das Mietverhältnis hätte nach der Entscheidung des LG Berlin künftig weiterhin bestehen müssen.

Im zweiten Fall urteilte das LG Halle und entschied sich für eine wirksame Kündigung des Vermieters. Dem gegenüber stand der Härtefallantrag des Mieters, welcher durch seine Erkrankung als Pflegestufe II hätte eingestuft werden müssen. Der Mieter erklärte, er werde durch Schizophrenie, Alkoholkrankheit, Inkontinenz und Demenz in seiner Lebensqualität erheblich beeinträchtigt und könne nicht umziehen. Zum Nachweis wurde ein Attest eines Psychiaters vorgelegt. Dennoch gab das Gericht dem Vermieter Recht, ohne eine Beweisaufnahme für den Eigenbedarf oder die Erstellung eines Gutachtens über die möglichen gesundheitlichen Folgen eines Umzugs für den Mieter.

Der BGH stufte die Entscheidungen der Berufsgerichte als zu oberflächlich ein. Im ersten Fall habe das LG Berlin den Eigenbedarf des Vermieters als nicht bedeutsam angesehen und im zweiten Fall fehle die Beweisaufnahme. Eine Eigenbedarfskündigung erfordere eine genaue Sachverhaltsaufklärung und Abwägung der Interessen des Mieters und Vermieters. Auf beiden Seiten seien Grundrechtsgüter betroffen. Sowohl das Eigentumsrecht des Vermieters als auch das Recht auf Gesundheit des Mieters müsse berücksichtigt werden.

BGH spricht sich gegen Fallgruppen aus 

Der BGH erklärte zudem, es könnten keine konkreten Fallgruppen erstellt werden, durch die die Abwägung der beidseitigen Interessen bei Kündigung des Mietverhältnisses erfolge. Eine Grenze wie das Alter des Mieters bei Beurteilung einer möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigung durch Umzüge oder eine gewisse Mietdauer dürfe allgemein nicht bestehen und pauschalisiert werden. Konkret müsse im Fall, auf Grundlage einer Beweisaufnahme, darüber entschieden werden. Lege der Mieter selbst ein Attest bezüglich einer negativen Gesundheitsbeeinträchtigung durch einen Umzug vor, müssen ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Lediglich ein Fachgutachter könne richtig beurteilen und zur Klärung beihelfen, ob das Risiko des Mieters schwerer wiegt als das Eigennutzungsinteresse des Vermieters.