Ende letzten Jahres urteilte das hessische Landesarbeitsgericht über das Kündigungsrecht.
Eine mündliche Äußerung des Arbeitnehmers, er wolle gekündigt werden, mache, so das LAG, eine erhobene Kündigungsschutzklage nicht treuwidrig. Auch rechtfertige der Wunsch nach einer Kündigung keinen arbeitgeberseitig gestellten Auflösungsantrag.
– Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 09.12.2019, 16 Sa 839/19
Die dem Urteil des LAG zugrundeliegende Fallkonstellation
Die Beklagte, Betreiberin eines Autohauses, beschäftigte seit dem 2. Mai 2018 den Kläger als Serviceberater zu einer Bruttomonatsvergütung von 3900 €. Mit einem Schreiben vom 15. November 2018 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis ordentlich.
Hiergegen reichte der Kläger am 5. Dezember 2018 beim Arbeitsgericht Klage ein und machte die Sozialwidrigkeit der Kündigung geltend. Die Beklagte sei keine arbeitnehmerfreundliche Arbeitgeberin gewesen, da sie weder erarbeiteten Urlaubsanspruch gewähre noch Überstunden vergüte. Aufgrund dessen hätten innerhalb weniger Monate mehr als zehn Mitarbeiter den Betrieb der Beklagten verlassen. Das Kündigungsschreiben habe die Geschäftsführerin, so der Kläger, mit der Begründung, er täusche lediglich eine Arbeitsunfähigkeit vor, am 15. November 2018 persönlich überreicht. Tatsächlich habe er entzündete Atemwege gehabt.
Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt. Am 30. Juli 2019 legte die Beklagte jedoch Berufung ein. Die Beklagte rügte, dass es sich um eine Wunschkündigung durch den Kläger selbst handle. Nachdem dem Kläger am 6. November 2018 der begehrte Urlaub nicht genehmigt wurde, sei dieser nach reiflicher Überlegung gegen Feierabend mit der Bitte um Kündigung des Arbeitsverhältnisses herangetreten. Seit dem darauffolgenden Tag sei er nicht mehr zur Arbeit erschienen. Demzufolge sei zumindest der arbeitgeberseitige Auflösungsantrag begründet. Eine vertrauensvolle Mitarbeit des Klägers könne, so die Beklagte, nicht mehr erwartet werden.
Urteil des LAG: Trotz Kündigungswunsch des Arbeitnehmers Kündigungsschutzklage möglich
Das hessische LAG erklärte die Berufung der Beklagten als unbegründet. Es treffe nicht zu, dass es gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich sei, wenn der Kläger sich auf die Sozialwidrigkeit der Kündigung berufe, auch wenn er selbst den Ausspruch der Kündigung gewünscht habe. Andernfalls käme dies, so das LAG, einem unwirksamen Vorausverzicht auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage gleich.
Seit Inkrafttreten des § 623 BGB stelle es zudem einen Wertungswiderspruch dar, wenn der Kündigungswunsch als Klagehindernis akzeptiert werde. Der Arbeitnehmer wäre in einem solchen Fall weniger geschützt als bei einer von ihm selbst ausgesprochenen Kündigung.
Auch der Auflösungsantrag der Beklagten sei nach § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG unbegründet. Eine unzumutbare Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber sei hier nicht ersichtlich.
Die Beklagte hatte gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen. Eine weitere Revision wurde nach § 72 Abs. 2 ArbGG für unzulässig erklärt.