Das Bundesarbeitsgericht hatte darüber zu entscheiden, ob Arbeitgeber für Steuerschäden haften, wenn sie vor der Fälligkeit der Abfindung die Zahlung an den Arbeitnehmer tätigen. Es handelt sich um ein Urteil mit hoher Praxisrelevanz, welches bei jeder Abfindungszahlung beachtet werden sollte.
Hintergrund der Entscheidung
Abfindungen unterliegen, wie das übliche Gehalt, der Lohnsteuer, da sie nach dem Einkommenssteuergesetz eine Einnahme aus nichtselbstständiger Arbeit darstellten.
Der Zeitpunkt, an dem die Abfindung gezahlt werden muss (Fälligkeit) ist normalerweise der Zeitpunkt, an dem das Arbeitsverhältnis endet. Der Fälligkeitszeitpunkt kann jedoch für den Arbeitnehmer steuerlich ungünstig sein. Denn eine Abfindung, die auf einmal gezahlt wird, kann das Jahreseinkommen, dass der Berechnung der Steuer zugrunde gelegt wird, so erhöhen, dass der Steuersatz und die vom Arbeitnehmer zu zahlenden Steuern sehr hoch ausfallen. Die steuerliche Privilegierung von Abfindungszahlungen (Fünftelungsregelung) gemäß § 34 EStG kompensiert dies nicht ausreichend.
Daher kann es bei der Bestimmung des Fälligkeitszeitpunktes steuerlich von Vorteil sein, diesen auf das kommende Jahr zu legen, weil sich der Steuersatz und/oder das voraussichtliche Gehalt ändern wird oder gar die Abfindungszahlung auf mehrere Jahre zu erstrecken. Diese Vorgehensweise wurde zuletzt vom Bundesfinanzhof als zulässig anerkannt.
Zahlung vor Fälligkeit der Abfindung
Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen bestimmten Fälligkeitszeitpunkt geregelt haben, stellt sich nun die Frage, ob der Arbeitgeber für den entstandenen Steuerschaden aufkommen muss, wenn er tatsächlich früher, also vor der Fälligkeit der Abfindung, zahlt. Dies Fall kann sowohl aus Unachtsamkeit, als auch durch Vorsatz des Arbeitgebers eintreten.
So auch im folgenden Fall, der dem BAG vorlag:
Arbeitgeber und Arbeitnehmer hatten vereinbart, dass die gesamte Abfindung mit dem regulären Gehaltslauf des auf den Beendigungsmonat folgenden Kalendermonats ausbezahlt wird. Der Arbeitnehmer schied mit Ablauf des Dezembers 2011 aus dem Arbeitsverhältnis aus. Das Unternehmen zahlte die Abfindung nicht erst Ende Januar 2012 aus, sondern bereits im Dezember 2011. Bei Zahlung im Januar 2012 hätte der Arbeitnehmer rund 5.000 Euro weniger Steuern zahlen müssen. Diesen Steuerschaden hat er eingeklagt, jedoch in allen drei Instanzen verloren.
Alle drei Gerichte waren der Auffassung, dass es sich nur um eine reine Fälligkeitsklausel handle, die dem Arbeitgeber eine Erfüllung des Anspruchs vor Fälligkeit der Abfindung nicht verbiete.
Empfehlung unseres Rechtsanwalts aus Neuss
Diese Entscheidung berührt in erster Linie die Belange des Arbeitnehmers, da ihm bei einer Zahlung vor Fälligkeit der Abfindung ein erheblicher Steuerschaden entstehen kann. Nicht selten beruht die Abfindung auf einer gerichtlichen Auseinandersetzung und der Einsicht des Arbeitgebers, dass das Fortführen des Verfahrens aufgrund des Annahmeverzugslohns ein hohes finanzielles Risiko in sich birgt. Umso mehr könnte der Arbeitgeber bei einer verfrühten Abfindungszahlung die Absicht haben, den beabsichtigten Steuervorteil des Arbeitnehmers, zu einem Steuernachteil zu drehen.
Rechtsanwalt Mahir Özüdoğru rät daher bei der Formulierung von Fälligkeitsregelungen klare Angaben zu machen, wie: „Die Abfindung ist zahlbar bis zum 31.01.XX, jedoch nicht vor dem 01.01.XX“