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Diskriminierung wegen Schwerbehinderung – Entschädigung nach dem AGG

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass bereits das Nichteinladen eines schwerbehinderten Bewerbers zum Vorstellungsgespräch ausreichend sein kann, um die Vermutung zu begründen, dass der Bewerber aufgrund seiner Schwerbehinderung nicht eingeladen wurde. Diese Vermutung wird umso mehr bestätigt, sollte der Bewerber im Übrigen ausreichende Qualifikationen besitzen, um die Stelle auszufüllen.

Schwerbehinderter wurde nicht zum Vorstellungsgespräch geladen

Der Entscheidung des Gerichts lag folgender Fall zu Grunde: eine schwerbehinderte Person bewarb sich auf eine ausgeschriebene Stelle als technischer Angestellte für die Leitung des Sachgebiets Betriebstechnik. Aus dem Bewerbungsschreiben ging klar hervor, dass der Bewerber einen Behinderungsgrad von 50 und somit per Gesetz die Eigenschaft der Schwerbehinderung hatte. Außerdem gab er an, ausgebildeter Zentralheizungs – und Lüftungsbauer sowie staatlich geprüfter Umweltschutztechniker zu sein. Die beklagte Stadt lud den Schwerbehinderten nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein und besetzte die Position stattdessen mit einem anderen Bewerber.

Zahlung einer Entschädigung auf Grund von Diskriminierung

Der Kläger fühlte sich von der Maßnahme diskriminiert und verlangte von der beklagten Stadt eine Entschädigungszahlung gemäß § 15 II AGG.

Dort heißt es:

„Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.“

Bereits die Tatsache, dass er nicht zum Vorstellungsgespräch gerufen worden sei, begründe die berechtigte Vermutung, dass seine Schwerbehinderung der Grund hierfür sei.

Die beklagte Stadt bestritt den Vorwurf und behauptete der Kläger sei fachlich offensichtlich ungeeignet gewesen, um die Stelle besetzen zu können.

Diskriminierung wegen Schwerbehinderung – Entschädigung nach dem AGG

Bereits die Vorinstanzen gaben dem Kläger Recht, wobei ihm das erstinstanzliche Arbeitsgericht volle drei Bruttomonatsgehälter, das Berufungsgericht jedoch nur ein Bruttomonatsgehalt als Entschädigung zusprach. In der Revisionsinstanz entschied das Bundesarbeitsgericht, dass eine Diskriminierung aufgrund der Schwerbehinderung vorläge, da der Bewerber nicht offensichtlich ungeeignet sei, um die streitgegenständliche Stelle zu besetzen. Eine Einladung zum Vorstellungsgespräch hätte daher erfolgen müssen.

– BAG vom 11.08.2016 Akz. 8 AZR 375/15 –

Mehr zu lesen auf:

www.bundesarbeitsgericht.de

Die Empfehlung der Anwälte aus Neuss

Rechtsanwalt Mahir Özüdogru, welcher schwerpunktmäßig das Arbeitsrecht bearbeitet, empfiehlt schwerbehinderten Bewerbern ihre Ansprüche rechtzeitig anwaltlich überprüfen zu lassen. Diskriminierungen können sehr vielseitig und vor allem frühzeitig bereits in der Bewerbungsphase auftreten. Arbeitgeber sollten hingegen bereits bei der Ausschreibung der Stelle und der anschließenden Bearbeitung von Bewerbungsanfragen genauestens auf die Bestimmungen des AGG achten. Oftmals können anfängliche Fehler auch in einem späteren Prozess nicht mehr ausgebügelt werden.