Das BAG urteilte über die Auskunftsansprüche des Arbeitgebers im Rahmen des Annahmeverzugs.
Der Arbeitgeber habe, so das BAG, gegen den aufgrund eines Annahmeverzugs Vergütung fordernden Arbeitnehmer einen Auskunftsanspruch über die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter unterbreiteten Vermittlungsvorschläge. Die Grundlage des Auskunftsbegehrens stelle im Rahmen des §242 BGB die Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis dar.
– Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. Mai 2020 – 5 AZR 387/19
Die dem Urteil des BAG zugrundeliegende Fallkonstellation
Der Kläger war seit dem Jahr 1996 als Bauhandwerker bei der Beklagten beschäftigt. Seit 2011 wurden ihm zahlreiche Kündigungen ausgesprochen. Unter anderem wurde das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich fristgerecht mit einem Schreiben vom 30. Januar 2013 gekündigt. Seit dem Februar 2013 wurde keine weitere Vergütung ausgezahlt.
Der Kläger hingegen reichte erfolgreich Kündigungsschutzklagen ein und gewährleistete den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten. Aufgrund der ausbleibenden Vergütung erhob er anschließend Klage auf Zahlung wegen Annahmeverzugs für die Zeit ab Februar 2013 unter Anrechnung des bezogenen Arbeitslosengeldes und Arbeitslosengeldes II.
Die Beklagte hält dem entgegen, dass es der Kläger böswillig unterlassen habe, anderweitige Verdienste zu erzielen. So forderte die Beklagte vom Kläger widerklagend eine schriftliche Auskunft über die von der Agentur für Arbeit und durch das Jobcenter an den Kläger übermittelten Stellenangebote von Dritten. Diese Auskunft solle ferner die Nennung der Tätigkeit, der Arbeitszeit und des Arbeitsortes sowie der ausgeschriebenen Vergütung enthalten.
Urteil des BAG: Auskunftsansprüche des Arbeitgebers
Den Urteilen der Vorinstanzen gleichend hat das BAG den geltend gemachten Auskunftsanspruch gegen den Kläger durch ein Teilurteil zugesprochen.
Obwohl die Zivilprozessordnung grundsätzlich keine Auskunftspflichten kenne, könne ein solches auf einer materiell-rechtlichen Grundlage nach dem Prinzip des Treu und Glaubens bestehen. Dies setze jedoch, so das BAG, voraus, dass im Rahmen der zugrundeliegenden Rechtsbeziehung der Berechtigte in entschuldbarer Weise über den bestehenden Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft geben kann, ohne dass Darlegungs- und Beweissituationen im Prozess unzulässig verändert werden.
Im vorliegenden Fall sei die Beklagte durch die seitens des Klägers erhobene Zahlungsklage in ihren vertraglichen Rechten betroffen, da grundsätzlich anderweitig erzielte Verdienste oder böswillig unterlassene Zwischenverdienste des Arbeitnehmers die Entstehung des Vergütungsanspruches aufgrund eines Annahmeverzuges verhindern. Um dem Arbeitnehmer ein solches böswilliges Unterlassen oder anderweitige Verdienste im Rahmen des materiellen Rechts einwenden zu können, benötigt der Arbeitgeber entsprechende Auskünfte.
Ebendiese könne, so das BAG, der Arbeitgeber regelmäßig nicht darlegen. Zudem sei der Versuch der Informationsbeschaffung durch Umwege datenschutzrechtlich unzulässig. Auch in Hinsicht eines böswilligen Unterlassenes anderer zumutbarer Arbeit sei der Arbeitgeber in Bezug auf Vermittlungsvorschläge aufgrund des Sozialgeheimnisses nicht berechtigt, Auskünfte zu erteilen. So liefe die gesetzlich vorgesehene Anrechnungsmöglichkeit in Bezug auf anderweitig erzielte Verdienste und Anrechnungsmöglichkeiten bei Dritten ohne eine Auskunftsanspruch ins Leere. Um dem entgegenzuwirken, sprach das BAG dem Arbeitgeber ein Auskunftsrecht zu und erklärte, dass dieses im vorliegenden Falle auch die Darlegungs- und Beweissituation nicht unzulässig verändere.