Das ArbG Iserlohn urteilte über die Auflösung eines Betriebsrates im Falle eines massiven Datenschutzverstoßes.
Ein Betriebsrat, welcher bei laufender Restrukturierung eine große Menge an betriebsinterner Informationen enthaltende Nachricht an mehrere Kanzleien und eine gewerkschaftliche Rechtsschutz GmbH sendet, könne, so das ArbG, wegen grober Pflichtverletzung nach § 23 I BetrVG aufgelöst werden.
- ArbG Iserlohn, Beschluss vom 14.1.2020 – 2 BV 5/19
Die dem Urteil des ArbG Iserlohn zugrundeliegende Fallkonstellation
Zwei Unternehmen der Automobilzuliefererbranche, welche über einen Gemeinschaftsbetrieb miteinander verbunden waren, beantragten gemeinsam die Auflösung des Betriebsrates. Nach einem gescheiterten Versuch der Restrukturierung einer Tochtergesellschaft wurde die Schließung eines Standortes beschlossen, welches ferner einen Konflikt mit dem Betriebsrat zur Folge hatte.
Der Betriebsratsvorsitzende versandte nach der betriebsbedingten Kündigung aller Mitarbeiter des Gemeinschaftsvertriebs eine Nachricht mit betriebsinternen Unterlagen an mehrere Kanzleien und eine gewerkschaftliche Rechtsschutz GmbH. Die Nachricht, welche mit 921 Seiten die Größe von 150 MB besaß, beinhaltete neben Abschriften von E-Mails, Schriftsätzen und Kalenderauszügen etwaige Präsentationen, Produktlinienkompetenzen und behördliche Bescheide. Diese Daten wurden von den Empfängern im Anschluss in den jeweiligen Kündigungsschutzverfahren genutzt.
ArbG Iserlohn: Grobe Pflichtverletzung des Betriebsrates nach § 23 I BetrVG
Das ArbG Iserlohn klassifizierte das Handeln des Betriebsrates als eine eindeutige Verletzung der Pflichten hinsichtlich des Datenschutzes und dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 I BetrVG, welches eine Pflichtverletzung im Sinne des § 23 I BetrVG darstelle.
Bereits das systematische und methodische Vorgehen im Verfahren der Datenerhebung wurde von dem Richter kritisiert. Der große Umfang an zu analysierenden und kategorisierenden Informationen lasse eine vertrauensvolle Zusammenarbeit des Betriebsrates und des Arbeitgebers nicht zu. Ferner fehle es dem Betriebsrat an einer Rechtsgrundlage sowohl für die Sammlung der großen Menge an Daten als auch für deren Übermittlung an Dritte. Diese evidente Kompetenzüberschreitung stelle als solches bereits eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar, welches nicht durch Schweigepflichten und das Anwaltsgeheimnis im Rahmen der Datenübermittlung an Prozessvertreter gerechtfertigt werden könne.
Die Mitarbeiter einer gewerkschaftlichen Rechtsschutz GmbH als Rechtsschutzsekretäre würden nicht der anwaltlichen Schweigepflicht unterliegen. Bei der Übermittlung gegenüber den Anwälten hingegen seien im vorliegenden Fall die Nachrichten ferner nicht persönlich, sondern an allgemeine Adressen der Kanzleien adressiert worden. Zusätzlich waren die in der Nachricht enthaltenen Links zum Download der Dokumente nicht passwortgeschützt.
Das ArbG nahm an, dass die Dokumente weder einem überschaubaren noch kontrollierbaren Empfängerkreis zur Verfügung gestellt wurden. Wegen des Fehlens einer betriebsverfassungsrechtlichen Grundlage für die Datenübermittlung wurde demnach zudem einen Verstoß gegen Art. 6 DSGVO; § 26 BDSG angenommen. Auch wurde zur Begründung der Auflösung des Betriebsrates angeführt, dass die mangelnde Einsichtsfähigkeit des Betriebsrats dazu führe, dass auch weiterhin eine Gefahr für die Offenlegung von sensiblen Unterlagen an Dritte drohe. So gab das Arbeitsgericht dem Antrag der Kläger statt.